ADG Scientific

    Führung in Genossenschaften

    von Monika Schaaf

    In einem Impuls der Idée Coopérative, dem Kompetenzzentrum für Genossenschaften in der Schweiz, haben sich Dr. Viktoria Schäfer und ihr Team mit der Frage der Definition von Führung auseinandergesetzt.

    Mehrmals im Jahr veröffentlicht die Idée Coopérative Impulse, die der aktuellen Diskussion rund um die Unternehmensform Genossenschaften gewidmet sind. Dr. Viktoria Schäfer, Leiterin des Forschungsinstituts ADG Scientific – Center for Research and Cooperation (ARC), Anne Fischer, M.Sc., Leiterin der Studienorganisation und -administration der ADG Business School an der Steinbeis-Hochschule, und Dr. Andreas Walker, wissenschaftlicher Mitarbeiter des ARC, haben sich für diese Forschungsreihe mit dem Thema „Führung in Genossenschaften – Perspektiven aus Theorie und Praxis“ beschäftigt.

    Klar ist: Eine einheitliche Definition von Führung gibt es bis heute nicht. In seinem Impuls jedoch arbeitet das ARC-Team heraus, dass die genossenschaftliche Struktur einen ideellen Rahmen für die Merkmale „guten Führens“ darstellt.

    Leadership-Theorien haben sich im Laufe der Zeit gewandelt. Während frühere Theorien eine charismatische Einzelperson ins Zentrum stellten, überwiegen heute „dezentralisierte Netzwerke mit pluralen Meinungen und Entscheidungen“. Die AutorInnen stellen die Vermutung auf, dass künftig horizontale Entscheidungsebenen immer wichtiger werden, bei denen sich Führung situativ und relational realisiert. So lasse sich Führung nicht mehr allein über die Führungskräfte denken, sondern die Geführten müssten stets impliziert werden – denn ohne sie sei die Führungskraft nicht das, was sie ist. Vertrauen zwischen Führungskraft und Geführtem spiele dabei eine zentrale Rolle.

    In seinem Impuls stellt das Autoren-Team mehrere Thesen auf. Ausgehend von der bereits angestellten Vermutung der immer häufiger vorkommenden horizontalen Entscheidungsebenen seien Organisationen, die strukturell von ihrem Aufbau das Selbstmanagement ihrer Mitarbeiter mit bedenken, im Vorteil, auf komplexe Führungsansprüche zu reagieren, gegenüber jenen Organisationen, die nur auf eine Führungskraft setzen. Gleichzeitig können Organisationen, die komplexen Führungsansprüchen genügen, besser auf Krisen reagieren als Organisationen, die Führung durch eine Einzelinstanz ausführen. Weiterführend wird abgeleitet, dass die Führungsstruktur, die am resilientesten mit Krisen wird umgehen können, eine Struktur ist, die Führung als ein sich selbst beobachtendes Netzwerk begreift. In diesem Netzwerk werden Informationen gebündelt und wieder verteilt.

    Als Schlussthese formulieren die AutorInnen, dass Führung in der Krisenhaftigkeit der Gegenwart eine positive Fehlerkultur erfordere, dass man sich beim Abwägen der Möglichkeiten auf das Risiko des Scheiterns einlassen müsse, ohne damit jedoch überstürztes Handeln zu legitimieren. Aber: „Führung heißt, eine Fehlerkultur zu etablieren, die aus ethischer Sicht dem Verzeihen einen hohen Stellenwert beimisst.“ Fehler ließen sich nicht vermeiden, es gehe darum, sie zu verarbeiten und nutzbar zu machen sowie einen transparenten Umgang mit ihnen zu pflegen.

    Elemente eines modernen Führungsverständnisses seien somit Demokratie als Organisationselement, eine etablierte Fehlerkultur, die auf Vertrauen und Verzeihen setzt, und verteilte Verantwortungsbereiche, die sich stets reflektieren.