- Peter Rausch, Vorstandsmitglied der ADG
„Das Warten hat sich gelohnt“ – die verheißungsvolle Ankündigung zum Auftakt des Kaleidoskops durch ADG-Vorstand Peter Rausch sollte sich im Laufe der Veranstaltung mehr als bewahrheiten. „Wow“-Effekte prägten die zwei Tage. Inhaltlich – wie auch physisch.
Mit Stolz eröffnete Peter Rausch das neueste
Herzstück der ADG, die Bar Netzwerk:
den neuen interaktiven Treffpunkt. - Dr. Viktoria Schäfer, Vorstandsvorsitzende und wissenschaftliche Leiterin von ADG Scientific – Center for Research and Cooperation (ARC): Gutes Führen in Genossenschaften
Ganz prägnant wusste ARC-Vorstandsvorsitzende Dr. Viktoria Schäfer, die durch das zweitägige Programm führte, den Charakter der Veranstaltung zu definieren: „Uns war es wichtig, dass alle den Herzschlag für die kooperative Idee teilen.“ Jenseits dieser gemeinsamen Verbindung war die Gruppe der TeilnehmerInnen allerdings äußert heterogen: vom Schulleiter über einen General bis hin zu Bankvorständen, Unternehmensinhabern und einem stellvertretenden Generalsekretär – und das vom hohen Norden bis nach Österreich und in die Schweiz. „Wir möchten die Vielfalt von Kooperation aufzeigen und ein Forum für den gemeinsamen Austausch bieten“, so Dr. Viktoria Schäfer. Nach zwei Tagen konnte sie sagen: „Für mich fühlt es sich an wie Family and Friends.“
In ihrem Vortrag „Gutes Führen in Genossenschaften“ stellte die Vorstandsvorsitzende und wissenschaftliche Leiterin von ADG Scientific die These auf, dass die Unternehmenspraxis maßgeblich von Theorien geprägt ist – ob nun bewusst oder unbewusst. Für viele Wirtschaftsansätze sei auch heute noch das Modell des Homo oeconomicus prägend. Wer jedoch nach neuen Ansätzen für die Wirtschaftspraxis suche, würde wertvolle Impulse aus kooperativem Wirtschaften ziehen können. Hier steht nicht das Maximieren von Gewinnen, sondern das Balancieren von Zielen auf Basis geteilter Werte im Zentrum.
- Isabelle Katthagen und Dr. Elisabeth Niendorf, ADG International: Die ADG – International? Kooperative Qualifizierungs- und Beratungsprojekte weltweit
Einen spannenden Einblick in ihre Arbeit vor Ort – beispielsweise in Afrika, Südamerika oder Asien – gaben Isabelle Katthagen, Leiterin ADG International, und Dr. Elisabeth Niendorf, Projektmanagerin ADG International. Eine Maxime, wenn sie in fernen Ländern Potenzialanalysen oder Trainings- und Beratungsprojekte durchführen: „Wir möchten die Sprache unserer Kunden sprechen.“ Was das bedeutet?
Den Länderkontext verstehen, die Rahmenbedingungen kennenlernen, die kulturellen Besonderheiten erkennen. „Wir versuchen, den Rahmen zum Austausch und Lernen zu setzen“, erzählte Dr. Niendorf. Kulturelle Veränderungen auslösen sei niemals das Ziel, so Isabelle Katthagen. Es gehe darum, diese Unternehmen und Genossenschaften zu begleiten.
„Kein Lehrbuch schafft einen Austausch“, berichtete Katthagen. „Ein Korsett auf andere stülpen, das funktioniert nicht.“ Die Devise sei daher: eigene Erfahrungen machen und Lösungen suchen.
- Mag. Justus Reichl, Leiter Kompetenzzentrum Genossenschaft Österreichischer Raiffeisenverband: Raiffeisen next. Regional. Global.
Welche Zukunft hat die „Marke“ Raiffeisen? – Eine Frage, die sich der Österreichische Raiffeisenverband im Rahmen des Projektes „Raiffeisen next“ gestellt hatte. Den Österreichern ist „Raiffeisen“ vertraut, taucht unter den Top 5 der bekanntesten Marken auf. Aber kennt man auch die Story dahinter?
Justus Reichl, stellvertretender Generalsekretär des Österreichischen Raiffeisenverbandes, hatte vermutet, dass vielmehr der Begriff „Genossenschaft“ ein Problem sein könnte. Aber weit gefehlt. In einer Umfrage äußerten 56 Prozent der Befragten zu Genossenschaften positive Assoziationen, bei den unter 35-Jährigen hatten sogar 82 Prozent ein positives Bauchgefühl. Verantwortung, Sicherheit, langfristiges Arbeiten sind Begriffe, die mit Genossenschaften verbunden werden. Die Ernüchterung, so Reichl, kam, als man dieselbe Frage zum Begriff „Raiffeisen“ stellte. Nur 10 Prozent äußerten hier eine positive Verbindung. 74 Prozent hingegen sehen in Raiffeisen „eine Bank wie alle anderen“. „Die Marke hat verloren, die Idee aber nicht“, bilanzierte Reichl. Viele der derzeitigen Megatrends fußten auf genossenschaftlichen Prinzipien. Deswegen heißt es nun, dieses Potenzial zu nutzen. Das Ziel: die nächste Generation erreichen.
- Andreas Moser, Inhaber am4change GmbH: Reformprozess Genossenschaften in der Schweiz
Vor einer Mammut-Aufgabe stand Andreas Moser, als er die Anfrage bekam, eine genossenschaftliche Transformation in der Schweiz zu orchestrieren. Die Krise hatte sich 2018 zugespitzt, als sich die Zentrale des Unternehmens immer mehr von den genossenschaftlichen Prinzipien verabschiede hatte und gleichzeitig die Primärbanken unter sich nicht einig waren, wohin die Reise hingehen soll.
Das Kernteam hatte zwei Ziele in dem Prozess:
erstens, die Primärbanken nachhaltig so zu strukturieren, dass sie wieder miteinander kooperieren und zweitens, ein gutes Miteinander zwischen Zentrale und Primärbanken. Innerhalb weniger Monate konnte das Kernteam mit der gesamten Gruppe wichtige Meilensteine gemeinsam vereinbaren. Seine These: Ohne das genossenschaftliche Wertefundament hätte der Reformprozess nie so schnell funktioniert. - Gerhard Wölki, Vorstand i.R. Volksbank Rhein-Lippe: Transformation genossenschaftlicher Werte/Prinzipien in das Geschäftsmodell einer Genossenschaft
„Wir leben in Banken unsere Sonntagsreden – aber wie kriegen wir sie auf die Straße?“, fragte Gerhard Wölki beim Kaleidoskop. Es sei an der Zeit, praktische Leitlinien aufzusetzen. Es müsse ein „Priming“, eine Art Grundierung geben, um die wertebasierte Steuerung, wie sie in den GBFs unterrichtet werde, auch in Prozesse zu bringen. Kontrollsysteme zielten immer auf Profit, ganz nach dem Motto „Friss oder stirb“.
„Aber auch Werte können Ertrag schaffen“, untermauerte Gerhard Wölki und forderte dazu auf, die Grundierung zu schaffen. Alle waren sich klar darüber:
Es liegt noch viel Wegstrecke vor diesem Prozess. Aber der Weg muss bestritten werden. - Landtagspräsident Hendrik Hering: Die Bedeutung werteorientierte Bildung für die Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft in Rheinland-Pfalz
„Ich bin als Landtagspräsident froh, dass wir genau hier zusammenkommen. Denn hier im Westerwald wurde die Genossenschaftsidee von Raiffeisen auf den Weg gebracht, die einen entscheidenden Beitrag zur Demokratisierung in der Wirtschaft geleistet hat und das schon lange bevor sich die Demokratie in Deutschland bewährt hatte“, erklärte Landtagspräsident Hendrik Hering zum Auftakt des GenussAbends in der Glaskuppel der ADG.Die Veranstaltung, so Hering, sei ein Beleg für die Wichtigkeit des gesellschaftlichen Austausches, den Diskurs. Gerade in Zeiten der Pandemie habe man gemerkt, wie sehr dieser Austausch fehle.
„Was diese Akademie für mich auszeichnet, ist die werteorientierte Ökonomie“, stellte der Landtagspräsident heraus. „Das ist nicht nur ein Schlagwort, das im Prospekt steht, das wird hier gelebt – in der Akademie selbst und in den Fortbildungsveranstaltungen, die auf hohem Niveau präsentiert werden, weil sich die ADG diesem Gedanken verpflichtet hat.“ Für dieses hohe Niveau sei auch ein Evaluierungsprozess notwendig, der über die Forschung mit ADG Scientific ermöglicht würde, so Hering.
Auch in der Wirtschaft finde ein Transformationsprozess statt, hin zu mehr Nachhaltigkeit. Und der bringe zwei verlässliche Dinge mit sich: dass Dynamik und Tempo immer mehr zunehmen. „Mir ist es wichtig, dass wir das Bewusstsein über das Gelingen schaffen, dass wir diesen Prozess positiv gestalten werden“, betonte der Landtagspräsident. „Denn noch nie gab es eine so gut ausgebildete junge Generation wie heute und so viele ökonomische und finanzielle Möglichkeiten. Noch nie hatten wir so viele Möglichkeiten der Veränderung, der Gestaltung. Wir müssen aber die Begeisterung wecken, das zu gestalten.“
Jeder in der Gesellschaft trage diese Verantwortung, vermittelte Hering. Transformationsprozesse würden nicht nur in Brüssel, Berlin, Mainz oder Washington gestaltet, sondern vor Ort. Dort müssten die Menschen abgeholt werden. Und das sei auch die Aufgabe von Banken, Unternehmen, Verbänden.
Gleichzeitig verwies Landtagspräsident Hering auf die Bedeutung der Demokratie, die ein lernendes System sei. Diese Lernbereitschaft habe sich in Krisen bewährt. Wie wichtig in einer Demokratie werteorientierte Ökonomie sei, das müsste vermittelt werden. „Das ist eine zentrale gesellschaftliche, gemeinsame Aufgabe“, so Hering. „Die ADG vermittelt genau solche Werte in ihren Formaten. Das stabilisiert Gesellschaft und schafft Voraussetzung für ökonomischen Wohlstand.“
- Wendelin Abresch, Unternehmer und Mitinitator der Wäller Markt eG: Radikal regional
2017 entstand die Idee, beim Kaleidoskop vertrat Wendelin Abresch als Repräsentant die im Jahr 2020 neu gegründete Genossenschaft „Wäller Markt eG“.
Ziel des digitalen Marktplatzes ist es, die Kaufkraft im Westerwald zu halten. Eine Potenzialanalyse ergab eine Kaufkraft von 450 Millionen Euro, während allein 550 Millionen Euro in Online-Angebote fließen. „Wir brauchen eine mindestmaximale Ausbreitung“, das wurde Wendelin Abresch schnell klar. „Mit acht bis zehn Teilnehmern würden wir gegen Amazon keine Chance haben“.
Formiert haben sich nun auf der im April online gehenden Marktgenossenschaft www.wällermarkt.de etwa 50 regionale Anbieter. Alle mit einem Mehrwertfaktor gegenüber Amazon. „Wir haben ein breites, einzigartiges Angebot, das bei den großen Anbietern nicht gefunden werden kann“, erzählte der Initiator. So heißt es also nun: Regional und nachhaltig einkaufen geht künftig also auch in der digitalen Fußgängerzone des Westerwaldes.
- Manfred Kuner, Vorstandsvorsitzender Alumni und Freunde, und Bianca Schirra, Vorstandsmitglied Alumni und Freunde und Vertriebsdirektorin Union Investment Privatfonds GmbH
Von einem „schlafenden Riesen“ sprach Manfred Kuner als Vorstandsvorsitzender über seinen Verein „Alumni und Freunde der ADG. „Wir können zu einer der mächtigsten Bewegungen der Genossenschaften werden“. Umso mehr freute er sich, dass es nach zwei Jahren „Mit-den-Füßen-Scharren“ nun endlich die Möglichkeit für das Kaleidoskop gab.
Dass so viele Gleichgesinnte zueinander fanden. Seine Vorstandskollegin Bianca Schirra ergänzte: „Wir wollen mit Alumni und Freunde eine Plattform zum Netzwerken schaffen, die man im normalen Alltag so nicht findet.“
- Martin Burkhardt, Büro für Gestaltung: Kollaborative Raum- und Markenentwicklung am Beispiel des Campus Schloss Montabaur
Als Raumkünstler, der viele Museen und mittlerweile 30 Genossenschaftsbanken gestaltet hat, konnte Martin Burkhardt nach Fertigstellung der Bar „Netzwerk“ der ADG eindeutig sagen: „Die Bar der ADG ist für mich der schwierigste Raum gewesen, den ich je gestaltet habe.“
Der Vergleich zu einem U-Bahn-Schacht kam bei ihm auf, als er Form und Lichtverhältnisse in der alten Bar auf den Prüfstand stellte. Mit der Inspiration von Hoteldirektor Ralf Kleinheinrich und nicht zuletzt dem Vorschlag von Küchenchef Ralf Lohr wurde die alte Bar um die Bibliothek erweitert und die bisherige Schlauch-Form in der Vergangenheit „abgeheftet“. Entstanden ist ein Netzwerk-Raum voller Widersprüche, die dennoch zusammenpassen: behaglich und cool, hell und dunkel zugleich. Mit verschiedenen Sitzhöhen wurde der Raum rhythmisiert und ein Co-Working-Space integriert, der künftig auch wie ein Café inszeniert werden kann. Für Martin Burkhardt steht fest: „Das ist der intensivste Raum der genossenschaftlichen Welt!“ - Frank Bermbach, Vorstandsvorsitzender der CRONBANK und Mitglied des Vorstandes der MHK Group: Die Zukunft kooperativ gestalten – Finanzen und Handel
Die CRONBANK AG – keine Genossenschaft. Die MHK Group AG – keine Genossenschaft. Doch Frank Bermbach, Vorstandsvorsitzender der CRONBANK und Mitglied des Vorstandes bei der MHK Group, verdeutlichte beim Kaleidoskop, dass die Rechtsform nicht per se zu einem Abkoppeln vom kooperativen Miteinander führt.
Mit der CRONBANK hat Frank Bermbach ein Finanzinstitut geschaffen, das nur für den kooperativen Handel und das Handwerk da ist. Hier weiß jeder, was die Branche bewegt, wann die Ware kommt, was saisonales Geschäft bedeutet. „Das müssen uns unsere Kunden nicht erzählen“, berichtete Bermbach. „Das ist unser Verständnis von kooperativem Miteinander: die Probleme erkennen, Lösungen bieten.“ Ob Marketing, E-Commerce, IT – die CRONBANK hat die Antworten für ihre Kunden und lässt diese ihrem Kerngeschäft nachgehen. Das ist zukunftsgerichtet und kooperativ.
- Boris Nannt, Brigadegeneral und Kommandeur der Logistikschule der Bundeswehr: Klare Ansagen – klare Kommunikation. Führungsverständnis und Führungsanspruch in VUCA-Zeiten.
Wer ist eine Führungskraft? Wer hat im vergangenen Jahr ein Führungsseminar besucht? Und wer reflektiert sein Führungsverhalten jeden Tag? Von denen, die bei den ersten Fragen von Brigadegeneral Nannt aufgestanden waren, stand bei der letzten Frage fast niemand mehr. Dabei – so vermittelte der Soldat, der unter anderem im Kosovo und Afghanistan im Einsatz war – sei das tägliche Reflektieren des eigenen Führungsverhaltens enorm wichtig. „Wenn ein Team scheitert, scheitert es an der Führungskraft und nicht an den Rahmenbedingungen“, so die klaren Worte von Boris Nannt. Doch was macht eine gute Führungskraft aus? Die sechs Eckpfeiler des Brigadegenerals:
1) Führungserfolg liegt an uns selbst. Die zwei Säulen: Persönlichkeit (Haltung, Verhalten) + Techniken (Methoden, Verfahren, Grundsätze, Prinzipien, Tools)
2) Lernen Sie als Führungskraft Ziele (im Geiste) zu formulieren und auszusprechen.
3) Perspektiven einfordern und aushalten. Dabei wichtig: Das Team möglichst aus unterschiedlichen Typen („bunten Smarties“) zusammensetzen – nicht Mitarbeiter nach einem Abziehbild von sich selbst aussuchen. Und: Konflikte austragen, Fehler klar besprechen, Tacheles reden, um solche Situationen für die Zukunft zu vermeiden. Ebenso: Positionierung einfordern – Was haben andere für eine Meinung? – die eigene hinterfragen.
4) Reißen Sie als Vorbild mit. Von vorne führen. Entscheiden – Beraten – Gestalten.
5) Das bessere Sachargument gewinnt immer. Emotionen und Sachlichkeit trennen.
6) Üben. Üben. Üben. Entscheidungstraining. Auch eine Führungskraft muss trainiert werden.
„Es gibt nur wenige Naturtalente als Führungskraft“, so das Fazit von Boris Nannt. „Führungskompetenz ist hartes Training. Seien Sie selbst ehrlich zu sich und gestehen Sie sich und vor Ihrem Team Misserfolge ein!“