Wenn die Projektmesse im Rahmen eines Genossenschaftlichen Bank-Führungsseminars (GBF) ansteht, sind die Teilnehmenden auf der Zielgeraden: Fast ein Jahr haben sich die Führungskräfte von Genossenschaftsbanken durch Themen wie Bankenaufsichtsrecht, strategisches Management, Privat- und Firmenkundengeschäft, Produktionsbank und Arbeitsrecht gearbeitet. Eine Woche später werden sie ihre Abschlussprüfung bei der ADG bestreiten – und sind bei Bestehen befähigt, zukünftig auch als Vorstand Gesamtverantwortung für ihr Haus zu übernehmen. Es ist ein wichtiger Schritt im Leben eines Bankmitarbeiters mit Führungsambitionen. Es ist der (!) Schritt.
Im Rahmen der Projektmesse stellen die „GBFler“ über einen ganzen Tag verteilt ihren Mitstreitern, aber auch den eingeladenen Bankvorständen, ihre jeweiligen Projektarbeiten vor – und gehen anschließend in den Diskurs. Das Themenspektrum ist dabei so groß und vielfältig, wie das GBF selbst: Von der Frage, wie sich Erträge in der Firmenkundenbank steigern lassen über die Einführung von Digitalisierungs- und Automatisierungsprozessen zur Effizienzsteigerung in der Marktfolge Aktiv bis zur Neustrukturierung der Kundenbetreuung.
Nicolas Wörsdörfer hatte sich für das Thema „Digital Leadership – Mitarbeiterführung im digitalen Zeitalter am Beispiel der Westerwald Bank eG“ entschieden. Ein Thema, das auch in seiner Bank, der Westerwald Bank eG Volks- und Raiffeisenbank Montabaur, vor allem im Zuge der Pandemie Aufschwung nahm: Während 30-35 Prozent der Mitarbeiter vor der Pandemie mit einem Laptop ausgestattet waren, sind es heute fast 100 Prozent der Vertriebsbank inklusive der zentralen Stabstellen. Der Bereichsleiter des Kompetenzzentrums Immobilien weiß, dass die Entwicklung nicht mehr zurückzuführen ist: „Home-Office ist mittlerweile ein Einstellungskriterium. Die Frage kommt in nahezu jedem Bewerbungsgespräch.“ Gleichzeitig wird es damit aus Arbeitgeber-Perspektive aber auch zu einem Instrument der Mitarbeiterbindung. Etwa 60 der 480 Mitarbeiter der Westerwald Bank eG werden in den nächsten fünf Jahren in den Ruhestand gehen. Will man darüber hinaus nicht noch weitere verlieren, gilt es, den Mitarbeitenden gute Arbeitsbedingungen zu schaffen.

Die vier Schlüsselfaktoren
Nicolas Wörsdörfer nennt in seiner Projektarbeit vier Schlüsselfaktoren für erfolgreiches „Digital Leadership“:
- Big Picture – den Mitarbeitern vermitteln, wie die Bank funktioniert, damit sie ein Bild vom großen Ganzen haben und dies mitdenken
- Empowerment – Mitarbeiter müssen selbständiger arbeiten, wenn sie nicht mehr Schreibtisch an Schreibtisch sitzen
- Agiles Arbeiten – weg von der Hierarchie zu einem Arbeiten im Netzwerk
- Virtuelle Führung – unterschiedliche Medien einsetzen, um Mitarbeiter zu binden und auch deren Sorgen/Probleme auf Distanz zu erkennen
Die Basis, die dem Führungsstil zu Grunde liegt, sind gemeinsame Werte, die zusammen in der Bank erarbeitet wurden. Dazu gehört eine offene, ehrliche, persönlich wertschätzende Kommunikation genauso wie gegenseitiges Vertrauen und Verlässlichkeit oder lösungsorientiertes Arbeiten.
Sachkosten durch Home-Office reduzieren
Neben der Mitarbeiterbindung kann die Westerwald Bank eG noch einen weiteren Mehrwert durch die Ausweitung des Homeoffice-Angebots für ihre Mitarbeitenden realisieren: die Vermietung von Büroräumen. Die Voraussetzungen, die dafür laut Nicolas Wörsdorfer gegeben sein müssen, sind eine hohe Homeoffice-Quote, agiles Arbeiten und eine gute Lage der Büroräumlichkeiten. Für die Westerwald Bank eG kann sich dann die Vermietung der Räume auszahlen. Gemäß Berechnung der Projektarbeit werden 85 von 480 Arbeitsplätze nicht benötigt, das sind etwa 1000 Quadratmeter, die wiederum für etwa 65.000-70.000 Euro Nettokaltmiete pro Jahr vermietet werden können. Zusätzlich fallen Heizkosten und Anschaffungskosten für Möbel weg. Für Wörsdörfer ist klar: Digital Leadership ist eine Herausforderung, bietet aber viele Chancen.