Es herrscht Heterogenität in der Landwirtschaft – so ließe sich das „14. Agrarfinanzforum“ bei der ADG Akademie in einem Kurzfazit zusammenfassen. Die Rentabilität variiert derzeit stark je nach Betriebszweig. Obwohl die Erzeugerpreise zuletzt gestiegen sind, haben Landwirte nicht ganz dieselbe positive Stimmung. Von einem „spürbaren Orkan“ bei den Tierhaltern sprach Frederic Kloth von der DZ Bank und betonte, dass die Qualität des Unternehmers in diesem sehr dynamischen Umfeld weiter an Bedeutung gewinnen wird.
Diese Frage beschäftigt auch die Banken bei ihren Finanzierungsvorhaben. Zukünftig sollen Betriebe, die ESG-Kriterien (Environment, Social, Governance) erfüllen, bessere Kreditkonditionen erhalten. Im Zusammenhang damit stehen bei den Tierhaltern die Haltungsbedingungen. Es sollte also klar sein: Betriebe, die Tiere gemäß den Haltungsformen 1 (gesetzlicher deutscher Standard, Stall) oder 2 (Stall und mehr Platz) halten, werden es schwierig haben. Doch die Realität sieht - zumindest im Moment - anders aus: Die Haltungsformen 1 und 2 nehmen im Fleischabsatz den deutlich überwiegenden Anteil ein und die Haltungsformen 3 und 4 sind eher ein Nischenmarkt. Beim Schweinefleischabsatz liegt der Marktanteil der Haltungsform 1 bei etwa 38 Prozent und der der Haltungsform 2 bei etwa 60 Prozent.
Und mit dem Ukrainekrieg und der damit einhergehenden Inflation haben auch deutsche Verbraucher gezeigt, dass „billig plötzlich wichtig war", wie Manuela König-Lehmkuhl vom Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband e.V. bemerkte. „Der Hype um das Tierwohl war plötzlich vergessen." Ähnlich sieht es auch beim Rindfleisch aus, wo insbesondere höherpreisige Produkte durch gesunkene Kaufkraft der deutschen Verbraucher nur schwer zu vermarkten sind.
Doch auch wenn wieder vermehrt "billiges" Fleisch konsumiert wird, gibt es einen Trend, der sich nicht wegwischen lässt: Die Deutschen essen weniger Fleisch und insbesondere beim Schwein gibt es deutliche Rückgänge. In den letzten zehn Jahren haben zudem bereits 55 Prozent der Zuchtsauenhalter und 43 Prozent der Schweinehalter ihren Betrieb eingestellt. Auch die Rinderhaltung nimmt ab, jedoch weniger stark (um 12 Prozent).
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage: Hat die Tierhaltung eine Zukunft? König-Lehmkuhl ist überzeugt: „Ja, es gibt Chancen. Aber wohin führt der Weg?“ Gibt es einen Markt für Bio-Produkte? Zu welchem Preis? In welchem Umfang? Die Politik hat einen eingeschlagenen Kurs gewählt, der kaum einen Rückzug erwarten lässt, betonte die Referentin. Deshalb wird sich jeder Tierhalter mit Investitionen in bessere Haltungsbedingungen auseinandersetzen müssen. Ihre Forderung ist jedoch klar: „Sie müssen damit auch Geld verdienen können.“ Hier besteht derzeit ein Dilemma. Ein Teilnehmer des Forums berichtete, dass er einen Bio-Stall für Eier und Milch bauen wollte, jedoch keine Abnehmer findet und keinen Zugang zu den Märkten erhält. Ihm wurde vom Neubau abgeraten.
Manuela König-Lehmkuhl glaubt: „Viele werden noch eine Weile mit den Haltungsformen 1 und 2 Geld verdienen und sich nach und nach in die Haltungsformen 3, 4 und 5 vorarbeiten.“ Bei immer geringerem Fleischkonsum ist für sie jedoch auch klar, dass Landwirtschaft nicht mehr nur der Ernährungssicherheit dienen wird. Sie bietet angesichts der gesellschaftlichen Entwicklungen auch eine Vielzahl neuer Geschäftsmodelle. Heißt: Es gibt Potenziale zur Wertschöpfung, bei denen Kreativität gefragt ist.