ADG Akademie

    Die Agrarwirtschaft in der Transformation 

    von Mara Koch

    Was bedeutet artgerechte Tierhaltung? Welche Marktentwicklungen bestimmen den landwirtschaftlichen Bodenmarkt? Wie wirken sich rechtliche Hürden auf die Agrarwirtschaft aus?

    Diese und viele weitere Fragen diskutierten die TeilnehmerInnen gemeinsam mit ExpertInnen und PraktikerInnen aus der Landwirtschaft auf dem diesjährigen Agrarfinanzforum 2022. Nach zwei Jahren pandemiebedingter Pause erwarteten alle TeilnehmerInnen die Veranstaltung und den Erfahrungsaustausch mit den BranchenkollegInnen mit großer Spannung. 

    Schirmerhof aus Baden-Württemberg: Fleisch- und Wurstwaren aus dem Online-Shop?

    Die Landwirtschaft befindet sich in einem fundamentalen Umbruch. Rasant entwickelnde politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen stellen insbesondere die konventionelle landwirtschaftliche Tierhaltung vor große Herausforderungen. Hinzu kommen steigende gesellschaftliche Erwartungen in Bezug auf das Tierwohl und den Schutz der Umwelt sowie sich ändernde Rechtsvorgaben. Die Folge: Immer mehr landwirtschaftliche Betriebe geben die Tierhaltung auf. Engagierte landwirtschaftliche Unternehmen erkennen in dieser Krise aber auch Chancen – der Schirmerhof zeigt, wie es geht.

    Der landwirtschaftliche Familienbetrieb im Alb-Donau-Kreis in Baden-Württemberg, fokussiert sich auf die Erhaltung des deutschen Sattelschweines. Stefanie Renz, Agrarwissenschaftlerin und (Enkel-)Tochter der Landwirtfamilie Schirmer Renz, verdeutlichte als Referentin auf dem Agrarfinanzforum, wie ihr Betrieb die Philosophie „Qualität, Nachhaltigkeit und Transparenz“ lebt und mit den derzeitigen Entwicklungen umgeht. Mit dem Bau eines neues Tierwohlstalles, einem überarbeiteten Preisfindungskonzept sowie der Einführung alternativer Vermarktungswege, beispielsweise über einen Online-Shop, stellt sich der Schirmerhof für die zukünftigen Herausforderungen auf.

    „Viele Betriebe sind offen für diese Veränderungen und baulichen Umbauten. Doch die Landwirte werden zu wenig von der Politik mitgenommen.“, kritisiert Stefanie Renz. Zu hohe Auflagen, fehlende Genehmigungen und wenig gesellschaftlicher Rückhalt führen zu einer mangelnden Umsetzung, was langfristig die Auslagerung der Landwirtschaft und Tierhaltung ins Ausland zur Folge hat. „Ist das dann noch nachhaltig?“, stellt Renz weiter zur Diskussion. „Für mich ist nichts nachhaltiger, als wenn man in der Region für die Region produziert.“, positioniert sich die Agrarwissenschaftlerin.

    Eine ähnliche Meinung vertritt die Rechtsanwältin Alexandra Thiel der Kanzlei agrilex. Ihre These: Die Transformation der Landwirtschaft wird stark durch regulatorische Anforderungen gehemmt, statt gefördert.


    „Für mich ist nichts nachhaltiger, als wenn man in der Region für die Region produziert.“ 

               Stefanie Renz, Schirmerhof




    Steigende Preiseentwicklung auf dem Faktormarkt Boden 

    Für den Bodenmarkt gilt es ebenfalls, neue Wege zu bestreiten. Eine große Rolle spielt dabei die wachsende Konkurrenz um Bodenflächen, die nicht nur von der Land- und Forstwirtschaft, sondern auch von Kommunen für Siedlungen, Verkehrs- und Wirtschaftsflächen oder als Sport- und Erholungsräume für die Bevölkerung beansprucht werden.

    Der Rückgang der landwirtschaftlichen Nutzflächen in Verbindung mit der derzeit niedrigen Zinspolitik führt zu stark steigenden Preisen auf dem Bodenmarkt. Zusätzlich stellt der Ukraine-Krieg die Agrarwirtschaft und den Bodenmarkt vor große Entscheidungen, wie Andreas Tietz, Agrarwissenschaftler am Thünen-Institut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei, in der Diskussion mit den Forumsteilnehm-erInnen erläutert. Die zentralen Fragestellungen dabei: Welche Auswirkungen wird der Krieg auf den Energiemarkt, die Lebensmittelversorgung und damit auch die Landwirtschaft langfristig haben?


    Praktische Handlungslösungen für AgrarwirtschaftlerInnen

    „Während des Agrarfinanzforums sind nicht nur die momentan aktuellen Themen der Agrarwirtschaft bedeutend. Vielmehr vermittelt die Veranstaltung zugleich Know-how über zukünftige Risiken und Chancen“, sagt Dietrich Holler von der Berliner Kommunikationsberatung vox viridis, der das Agrarfinanzforum seit vielen Jahren moderiert und an der Konzeption beteiligt ist.

    Ob Nord- oder Süddeutschland, alte oder neue Bundesländer – die TeilnehmerInnen stammen aus dem gesamten Bundesgebiet und erhalten durch das Forum die Möglichkeit, wissenschaftliche Themen der Agrarwirtschaft mit praktischen Handlungslösungen zu kombinieren und mit den BranchenkollegInnen in einen überregionalen Austausch zu treten.