Corona ist eine disruptive Herausforderung, die die deutschen Regionalbanken mit viel Energie angenommen und kurzfristig erfolgreich in die Digitalisierung ihrer Geschäftsmodelle übersetzt haben. Nun gilt es, diese Dynamik weiterhin zügig und fokussiert in die zukunftsfähige und nachhaltige Gestaltung der Post-Corona-Kreditwirtschaft zu überführen. Denn ein Zurück gibt es nicht mehr – davon sind die führenden Vertreter des Genossenschaftlichen FinanzVerbunds und der Sparkassenorganisation überzeugt.
Strategische, rechtliche und wirtschaftliche Aspekte des Kreditgeschäfts in der Pandemie und der Post-Corona-Ära standen am 4. Februar 2021 auf dem Programm des ersten gemeinsamen Online-Symposiums „Sparkassen und Genossenschaftsbanken – Perspektiven nach Corona“. Die Frage, ob Sharing-Modelle und Wertschöpfungsplattformen neue Lösungsansätze beim Thema Kostendruck bieten, wurde ebenso diskutiert wie die Bedeutung von Bildung und Weiterqualifizierung von Führungskräften für die Transformation.
In der Spitze nahmen 375 Vorständinnen und Vorstände sowie die 1. Führungsebene beider Organisationen teil. Gastgeber des Symposiums waren Dr. Yvonne Zimmermann, Vorstandsvorsitzende der Akademie Deutscher Genossenschaften e.V. (ADG) sowie die ADG Business School an der Steinbeis Hochschule, und Prof. Dr. Bernd Heitzer, Rektor der Hochschule für Finanzwirtschaft & Management.
Die Teilnehmer reflektierten spannende Impulse aus den Vorträgen und Diskussionen von Marija Kolak, Präsidentin des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V. (BVR), Helmut Schleweis, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands e.V., Professor Dr. Joachim Wuermeling, Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank, Felix Hufeld, Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) sowie weiteren Experten.
Sparkassen und Genossenschaftsbanken – regionale Förderung der Wirtschaft in der Krise hat hohen Stellenwert
Moderator Günter Althaus, EMC² Evolve Management Consult, seit vielen Jahren der genossenschaftlichen Finanzgruppe eng verbunden, betonte in seiner Einleitung, dass Sparkassen und Genossenschaftsbanken sowie deren Kunden und Mitglieder auch in der Corona-Zeit einen hohen politischen und wirtschaftlichen Stellenwert für Deutschland haben. Die Regionalität, die damit verbundene Kundennähe und Flexibilität, die beide Institutsgruppen auszeichnet, trügen derzeit entscheidend zur Unterstützung und Erhaltung der mittelständischen Wirtschaft in Deutschland bei.
Welche Antworten und Lösungen beide Institutsgruppen auf aktuelle Veränderungen im Kreditgeschäft, aber auch auf den steigenden Kostendruck und die Digitalisierung haben, beleuchteten zunächst die VertreterInnen ihrer Verbände und der Aufsicht.
Marija Kolak, Präsidentin des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V. (BVR), betonte die Veränderungsbereitschaft, mit der Regionalbanken den Herausforderungen wie der Pandemie, Digitalisierung und Nachhaltigkeit begegnen müssten. Die BVR-Strategieagenda hat dafür den Weg in Richtung #GenoZukunft frei gemacht. „Das dezentrale Unternehmertum ist unser Erfolgsfaktor in den Regionen“, so Kolak. Neben der Tatsache, dass die Genossenschaftsbanken auch in der Pandemie zuverlässige Kreditgeber seien, betonte Kolak, dass die fokussierte Umsetzung der großen strategischen Zukunftsziele von großer Bedeutung sei. Die Genossenschaftsbanken seien gut aufgestellt.
Helmut Schleweis, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands e.V., zeigte auf, wie die Pandemie die Megatrends verstärkt. Zum einen gelte es nun den positiven Digitalisierungsschub durch Corona mitzunehmen, den starken Aufschwung im bargeldlosen Zahlungsverkehr zu unterstützen und das Firmenkunden-Geschäft zu modernisieren. Aber auch belastende Megatrends verschärften sich durch die Pandemie – so die bilanzbelastenden Niedrig- und Negativzinsen auf das stark wachsende Einlagengeschäft.
„Verbundstrukturen sind ein Erfolgsmodell.“
BaFin-Präsident Felix Hufeld erklärte, die Verbundstrukturen beider Regionalbanken-Gruppen seien existenziell für die Zukunftsfähigkeit der Sparkassen und Genossenschaftsbanken und ein Erfolgsmodell. Wichtig sei es nun, die Corona-bedingt beschleunigte Digitalisierung und Transformation mit größtmöglicher Energie und Geschwindigkeit fortzusetzen und die Stärke in der Region auszuspielen. Die Chancen stünden angesichts des neuen Mindsets und der Strategiearbeit in den Verbänden gut, stärkte der scheidende BaFin-Präsident insbesondere den Verbandspräsidenten Marja Kolak und Helmut Schleweis den Rücken.
Prof. Dr. Joachim Wuermeling, Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank, stellte in seinem Impulsvortrag dar, dass das deutsche Bankensystem aufgrund seiner Dreigliedrigkeit zwar gut aufgestellt, jedoch seit geraumer Zeit auch in einer Umbruchphase sei – mit großen Herausforderungen auf der Ertrags- und Kostenseite. Wie sich die Lage nach Corona angesichts steigender Insolvenzen und Kreditausfälle darstelle, lasse sich heute noch nicht beantworten. Die Frühwarnindikatoren funktionierten aktuell nur eingeschränkt. Die erwarteten Kreditausfälle seien jedoch verkraftbar und nicht eindeutig einzelnen Bankengruppen zuzuordnen. Auch er sah die Sparkassen und die Genossenschaftsbanken auf dem richtigen Weg. Deren Anstrengungen zur Verbesserung ihrer nachhaltigen Profitabilität würden zwar leiser als bei dem ein oder anderem Marktteilnehmer, aber deshalb nicht mit weniger Dynamik in den einzelnen Häusern umgesetzt.
Verbundübergreifende strategische Kooperationen in der Transformation
Dr. Dirk Vater, Partner bei Bain & Company und profunder Kenner des deutschen Bankenmarktes, ergänzte die Ausführungen mit seiner eigenen Analyse. Die Pandemie könne als „Brandbeschleuniger“ bezeichnet werden und ermögliche nun die Transformation, mit der sich der Bankenmarkt bisher schwer getan habe. Er verwies auch darauf, dass in den kommenden Jahren dafür erhebliche IT-Investitionen anstünden. Die Frage sei, ob das jede Bankengruppe für sich tun müsse oder sollte – oder inwieweit diese besser gemeinsam gestemmt werden könnten?
Automatisierung steigert Kosteneffizienz
Chancen, wirtschaftliche und juristische Aspekte des Kreditgeschäftes der Zukunft sowie die Digitalisierung und Automatisierung von Prozessen, erörterten unter anderem die Anwälte Michael Ziechnaus, Dr. Oliver Wilken, Dr. Sebastian Hagemann sowie Ralf Teufel, Vorstand der Fiducia & GAD IT AG und Christian Damaschke, S Rating und Risikosysteme GmbH. Ergänzt wurde diese Diskussionsrunde durch Sandra Douqué, Partnerin von zeb und Raimund Röseler, Exekutivdirektor der Bafin.
Eva Wunsch-Weber von der Frankfurter Volksbank eG und Oliver Klink, Taunus Sparkasse, präsentierten mit einer Live-Schaltung aus dem Finanzpunkt in Stierstadt eindrucksvoll, wie gruppenübergreifende Kooperation der Zukunft aussehen kann. Unter finanzpunkt.de ist dieses Beispiel anschaulich nachzuvollziehen.
Weiterqualifizierung für die Transformation – digital, hybrid und in Präsenz
Einig waren sich alle Referenten, dass Digitalisierung und Transformation mit einem erheblichen Qualifizierungsbedarf einhergeht. Auch Matthias Güldner, BaFin Abteilungspräsident und Hans-Martin Kraus, FSI Transformation Deloitte wiesen darauf explizit in der abschließenden Diskussionsrunde „Kostenoptimierung und Leistungssteigerung geht nur mit besseren Qualifikationen“ hin.
Die beiden Gastgeber der Veranstaltung Dr. Yvonne Zimmermann, Vorstandsvorsitzende der Akademie Deutscher Genossenschaften e.V., und Prof. Dr. Bernd Heitzer, Rektor der Hochschule für Finanzwirtschaft & Management, berichteten von ihren geplanten Angebotserweiterungen in der Qualifizierung von Führungskräften für die Post-Corona-Kreditwirtschaft. Corona habe die Digitalisierung der Weiterbildungsangebote beschleunigt und auf aktuell 100% getrieben. Allerdings sei deutlich spürbar, wie sehr sich die Lernenden eine Rückkehr zum persönlichen Austausch in Präsenzveranstaltungen und Alumni-Netzwerken wünschten. Für die Zukunft erwarten beide eine größere Vielfalt an Lernformaten und einen ausgewogenen Mix aus digitalen, hybriden und Präsenzangeboten.